Das Zweitnutzungshuhn - bicklhof

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Das Zweitnutzungshuhn
Zweinutzungshühner - warum es sie gibt und warum sie wichtig sind
 
 
Als ich in München Eier ausliefert habe und in den Läden mit meinen Kunden über unser Zweinutzungshuhnprojekt gesprochen habe, ist mir klar geworden, dass keiner wirklich weiß, was ein echtes Zweinutzungshuhn ist und wieso es das überhaupt gibt. Vielmehr wird der Begriff „Zweinutzungshuhn“ mittlerweile sehr inflationär auf vielen Eierschachtel verwendet, obwohl diese Eier nur sehr wenig mit echten Zweinutzungshühnern gemeinsam haben.
 
Nun, um das Zweinutzungshuhn zu erklären, muss man zuerst die heute genutzten Hybridhühner verstehen. Ein Hybridhuhn ist eine Züchtung des Haushuhns, welche hauptsächlich auf ein bestimmtes Leistungsmerkmal abzielt.  
 So ist die Legehenne darauf gezüchtet, möglichst viele Eier zu legen und möglichst wenig Fleisch anzusetzen. Denn je leichter das Huhn ist, umso niedriger ist die Energie, die es für seinen Erhaltungsbedarf benötigt. Negative Folgen sind ein Bruderhahn, der nur aus Haut und Knochen besteht und quasi keine sinnvolle Verwendung mehr hat. Der Bruderhahn ist damit mehr oder weniger in der Industrie ein „Abfallprodukt“, welcher oft im Ausland (z.B. Polen) aufgezogen wird. Dort wird er dann bereits mit 10 Wochen geschlachtet und sehr oft nach Afrika verschifft und dort zu Dumpingpreise Preisen verkauft, zum Leidwesen der ansässigen Bauern. Aber auch für die Henne ist die extreme Leistungszüchtung immer wieder ein Problem. Ein Thema, das gerade im Tierschutz schwer diskutiert wird, sind Brustbeinverletzungen. Diese entstehen zwar unter andern auch durch bauliche Gegebenheiten, aber der frühe Legebeginn und die selektive Zucht auf hohe Legeleistung, spielen dabei eine Rolle.
 
„Aber das „Bruderhahn-Problem“ haben wir doch jetzt mit der Geschlechtsbestimmung im Ei (In-OVO) gelöst!“ – Ja, aber eigentlich nein.
 Es gibt verschiedene Verfahrenstechniken, um das Geschlecht des Tieres im Brutei zu bestimmen. Beispiele sind Cheggy (mittels Lichtspektralanalyse) oder Seleggt, bei welcher eine Genprobe entnommen wird. Jedoch haben alle Verfahren das Problem, dass sie das Geschlecht zu spät erkennen können. Denn ab 2024 sollte eigentlich ein Gesetz in Kraft treten, welches eine Geschlechtsbestimmung bis zum 6. Bruttag erzwingt. Jedoch gibt es noch keine Technik, welche das zum heutigen Zeitpunkt könnte. Aber warum der 6. Bruttag? Man nimmt an, dass das Huhn ab dem 7. Bruttag bereits in der Lage ist, Schmerzen zu empfinden. Das ist ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz und nur mit Ausnahmegenehmigung (noch) nicht verboten oder Strafbar. Es gibt zwar erste Studien, welche darauf hindeuten, dass erst ab dem 13. Bruttag erste Reaktionen auf Schmerzen stattfinden, jedoch bedarf es hier weiterer genauer Forschung. Ein weiterer Nachteil ist, dass männlich bestimmte Bruteier einfach als Abfallprodukt verworfen werden. Das war vorher beim Kükentöten noch gegeben, da alle Tiere verwertet werden konnten (z.B. in Falknereien oder Zoos). Doch der größte und schwerwiegendste Kritikpunkt ist weiterhin, dass durch dieses Verfahren den männlichen Küken weiterhin ein Recht auf Leben verwehrt wird und sie als Abfall in der Tonne enden.
 
   Kommen wir zum Broiler. Der Broiler – im Volksmund Masthähnchen genannt – ist eine Züchtung rein auf Fleischansatz. Jeder, der ein Grillhendl auf dem nächsten Fest verzehrt, wird niemals einen Bruderhahn auf seinem Teller finden. Warum, wegen des geringeren Fleischansatzes des Bruderhahns (siehe vorangegangene Erläuterung). Der Broiler hingegen setzt massiv Fleisch an und explodiert im Wachstum förmlich. Er wächst so schnell, dass in der Mast die Tiere im Wachstum manchmal sogar gebremst werden müssen, durch Futterentzug. Denn wenn sie zu schnell wachsen, kann es passieren, dass sich das Wachstum negativ auf die Gesundheit der Tiere auswirkt oder gesetzliche Grenzen wie Besatzdichten (bei Masthähnchen in kg/m² geregelt) nicht eingehalten werden können. Der Vorteil des Broilers ist einfach: Er hat durch seinen hohen Fleischansatz eine super Futterverwertung. Das bedeutet, pro zugenommenem kg müssen nur etwa 1,67 kg Futter eingesetzt werden. Das spart Geld und Ackerland. Auch sein Fleisch ist im Gegensatz zum Bruderhahn leicht zuzubereiten und weich. Die Kehrseite und der größte Kritikpunkt des Masthähnchens: Tierschützer sprechen bei den schnell wachsenden, aber mittlerweile auch schon teilweise bei langsam wachsenden Genetiken (welche meist im Biobereich eingesetzt werden) von „Qualzuchten“. Denn die Tiere wachsen so schnell, dass sie bereits nach weniger als 30 Tagen schlachtreif sind. Das hat zur Folge, dass das Skelett des Tieres oft nicht schnell genug mitwachsen kann, was dann wiederum zu sogenannten „Spreizern“ führen kann. Das bedeutet, dass die Beine der Broiler das Gewicht nicht tragen können, da diese teilweise einfach wegknicken und sie somit nicht mehr richtig laufen können. Mit zunehmenden Alter und der damit verbunden täglichen massiven Gewichtzunahme können sie nicht mehr richtig bewegen, da sie schlichtweg zu fett werden.
 
   Hier kommt nun das Zweinutzungshuhn ins Spiel. Das Zweinutzungshuhn ist ein Mittelweg, der versucht, das Beste aus beiden Welten zu vereinen, indem man versucht, ein Huhn zu züchten, das Eier legt und der Hahn gleichzeitig Fleisch ansetzt und dabei noch den selektiven Leistungsdruck der Tiere mindert, damit die Tiere sich fröhlich bewegen können und ein stabiles Skelett haben. Leider hat uns die Natur hier einen großen Stein in den Weg gelegt, denn die beiden Zuchtfaktoren Legeleistung und Fleischansatz korrelieren negativ zueinander. Das bedeutet, wenn man versucht, ein Huhn zu züchten, das viele Eier legt, so wird es kein Fleisch ansetzen. Und wenn man versucht, ein Huhn zu züchten, das viel Fleisch ansetzt, so wird es nur sehr wenige Eier legen. Man muss also die Mitte treffen, in der das Huhn genug Eier legt und der Hahn genug Fleisch ansetzt, damit Huhn als auch Hahn ihre Berechtigung haben. Ziel ist es also, dass das Zweinutzungshuhn eine Hybrid-Legehenne ersetzt und der Hahn ein Masthähnchen. Damit würde man auf einen Schlag fast alle Probleme der heutigen Geflügelindustie in diesen Sektoren lösen. Man müsste keine männlichen Tiere mehr entsorgen und alle Hähne und Hühner könnten ein tiergerechtes Leben fristen. Man würde den Tieren den hohen Leistungsdruck nehmen, da sie durch ihre ganzheitliche Zucht erst gar nicht in diesen Druck kommen können. Man könnte sie also auch Relaxte Hühner oder Stressless Chicken nennen. Die Züchtung steht hier noch am Anfang und es muss noch viel gelernt werden. Dennoch ist es Zeit, die ersten Schritte zu gehen.
 
   Mir ist klar, dass dies nur in einem sehr kleinen Rahmen funktionieren kann. Zumindest vorerst. Schließlich haben wir auf dem Bicklhof schon vor 15 Jahren angefangen Bruderhähne aufzuziehen und mein Vater wusste von Anfang an, dass der Bruderhahn nur der Wegbereiter des echten Zweinutzungshuhns ist. Außerdem wir wissen alle wie weit heute das Bruderhahnprojekt ist. Mein ganz persönliches Ziel ist es also den nächsten Schritt zu gehen und den Pioniergeist unseres Betriebes weiter zu führen. Für eine ganzheitliche, zukunftsorientiere und ethnisch einwandfreie Geflügelwirtschaft.






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